Fachtag widmete sich Antirassismus und Vielfaltsdiskursen in muslimischen Communities
Heidelberg/ Dortmund. Welche Vorurteile und Ausgrenzungsmechanismen gibt es innerhalb von muslimischen Communities? Inwiefern werden diskriminierende Denk- und Verhaltens-muster innermuslimisch reproduziert? Und wie kann Sensibilisierung für die eigenen Haltungen zum Empowerment von Musliminnen und Muslimen und damit zur Überwindung von Rassismus im Allgemeinen beitragen? Diesen und weiteren Fragen ging der Fachtag „Antirassismus und Vielfaltsdiskurse im muslimischen Kontext“ am Samstag, dem 10. Dezember 2022, mit 60 Teilnehmenden in Dortmund nach. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projekts „Aus dem Glauben heraus?! – Politische Bildung in muslimisch-konfessioneller Trägerschaft“ der Muslimischen Akademie Heidelberg i. G. statt. Kooperationspartner waren die Islamische Akademie NRW e.V. (Dortmund) und die Deutsche Islam Akademie e. V. (Berlin).
Die Fachtagung wurde gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und bildete den Abschluss einer Qualifizierungsreihe in vier Modulen, an der 35 Teilnehmende mit Expert:innen verschiedene Aspekte von Rassismus kritisch betrachteten. An dem Fachtag nahmen Vertreter:innen aus Bildung, Wissenschaft, Religion, Kunst und Medien teil. Neben Problemlagen zeigten die Expert:innen vor allem Lösungswege zur Bekämpfung von Diskriminierung auf und stellten Best-Practice-Beispiele aus ihren jeweiligen Bereichen wie Schulen und Gemeinden vor.
So beleuchtete Prof. Dr. Iman Attia (Alice Salomon Hochschule Berlin) in ihrem einführenden Vortrag Rassismuserfahrungen von Musliminnen und Muslimen. Sie erläuterte insbesondere, an welchen Merkmalen die (inner-)muslimische Vielfalt festzumachen sei und wie sich Machtverhältnisse entlang der historischen Ereignisse entwickelt haben. In der anschließenden Podiumsdiskussion erörterte Prof. Attia mit Büşra Delikaya (Volontärin Tagesspiegel) und Samir Mustafovski (Imam einer Roma-Gemeinde) darüber, welche Herausforderungen die innermuslimische Vielfalt hierzulande mit sich bringt und wie die Bildungsarbeit empowernd wirken kann. Moderiert wurde das Podium von Dr. Patrick Brooks (Projektleiter, Muslimische Akademie Heidelberg i. G.). Der Nachmittag begann mit einem Input von Dislo Benjamin Harter (Integrationsbeirat für Sinti und Roma in Offenburg), der konkrete Praxiseinblicke eines muslimischen Roma gab. Als Enkel von Überlebenden des Holocaust zeigte er auf, vor welchen Schwierigkeiten Roma und Sinti heute noch stehen und wie er sich aus seiner Familiengeschichte heraus für die Interessen von Minderheiten einsetzt.
Die anschließenden Panels boten Raum, einzelne Aspekte der Tagung gezielt im Gespräch mit den Teilnehmenden zu reflektieren. Nicole Erkan (Soziologin, Islamologin und Integrationsfachkraft, Duisburg) erläuterte im ersten Panel wie sich Familien gegen Diskriminierung stärken können. Ousman „P-Soul“ Conteh (Choreograf und Künstler) und Dr. Mohammed Johari (Islamische Informations- und Serviceleistungen e. V., Frankfurt) sprachen im zweiten Panel über gezielten Antidiskriminierungsarbeit in Moscheen und wie die Gemeinden zu Orten von Zuflucht, Empowerment und Konfliktbewältigung werden können. Gülsüm Dal-Izgi (Verband muslimischer Lehrkräfte e. V., Duisburg) beleuchtete die Auseinandersetzung mit Rassismus im schulischen Kontext. Und Hanif Aroji (Politikwissenschaftler und Bildungsreferent, Offenbach) berichtete im vierten Panel über Vielfalt und Diskriminierung unter (muslimischen) Jugendlichen in deutschen Großstädten und präsentierte gelungene Ansätze in der außerschulischen Bildungsarbeit. Durch den Fachtag führte Pınar Çetin (Vorstandsvorsitzende der Deutschen Islam Akademie, Berlin).
Teile des Publikums betonten, dass das Bewusstsein für die innermuslimische Vielfalt – auch innerhalb der muslimischen Community – noch zu schaffen und zu stärken sei. Dafür bräuchte es weitere Plattformen der Begegnung und des Austauschs. Der Fachtag bildete in der Hinsicht einen Auftakt und ermöglichte Vernetzung, aus der neue Bündnisse und Kooperationen fruchten können.
Abbildung 1
Prof. Dr. Iman Attia (Alice Salomon Hochschule Berlin) sprach in ihrem Vortrag über Merkmale (inner-)muslimischer Vielfalt © Muslimische Akademie Heidelberg i.G./ Julius Matuschik
Abbildung 2
In der Podiumsdiskussion diskutierten (v.l.n.r.) Prof. Dr. Iman Attia (Alice Salomon Hochschule Berlin), Dr. Patrick Brooks (Projektleiter, Muslimische Akademie Heidelberg i. G.), Büşra Delikaya (Volontärin Tagesspiegel) und Samir Mustafovski (Imam einer Roma-Gemeinde) © Muslimische Akademie Heidelberg i.G./ Julius Matuschik